Geschichte
Das Areal der heutigen Handelsmühle Haegler AG befindet sich am östlichen Ende des Unterdorfes, des ältesten Siedlungskernes von Lausen. Zusammen mit der benachbarten Papiermühle bildete sich hier seit dem 14. Jahrhundert ein Gewerbezentrum, von dem im Laufe des 19. Jahrhunderts die Industrialisierung des Dorfes ihren Anfang nahm. Der Flurname Mühlematt belegt die 685-jährige Standorttradition des Mühlegewerbes in Lausen.
Der Standort der 1318 erstmals urkundlich belegten Mühle ist nicht bekannt, wird aber aufgrund der örtlichen Begebenheiten am Mühlekanal gelegen sein. Die Mühle war im Mittelalter bischöfliches Lehen. Im Jahre 1684 erhielt der Müller die Erlaubnis Flachs und Hanf zu reiben. Damit standen die Rohstoffe bereit, die es den ortsansässigen Taunern erlaubten, in Heimarbeit zu spinnen und Leinentuch zu weben. In die gleiche Zeit fällt die erste zeichnerische Darstellung der Mühle durch Georg Friedrich Meyer. Damals bestand die Mühleanlage aus einem giebelständigen Hauptgebäude, an dessen Längsseite sich die Mühleräder befanden und aus einem traufständigen Nebenbau.
Nach der Jahreszahl 1712 an einem der Fenster des heutigen Gebäudes wurde die Mühle damals erneuert. Im Jahre 1752 hält Emanuel Büchel den Neubau fest, der weitgehend dem heutigen Kernbau entspricht.
Im Jahre 1817 kaufte sie Jakob Christoph Haegler-Alt und gründete die Handelsmühle. Wie aus dem Kaufvertrag hervorgeht, verfügte damals die Mühle über drei Mahlgänge, was auf eine sehr grosse Leistungskapazität hinweist. Bereits 1826 wird das bestehende Mühle- und Wohngebäude vergrössert und umgebaut. Nach der Übernahme des Betriebes durch den Sohn Sebastian Haegler wurde beträchtlich in den Ausbau der Mühle investiert: In den Jahren 1836 und 1851 entstehen auf der Rückseite Neubauten, die ganz für den Mühlebetrieb genutzt werden. Von diesem Zeitpunkt an wurden die alten Mahlstuben für Wohnzwecke umgebaut und im Stil des Spätklassizismus eingerichtet. Zur Anlage des 19. Jahrhunderts gehörte auch eine ausgedehnte Gartenanlage mit geschwungenen Wegen, die bis an das Ufer der Ergolz führten.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich der Betrieb sehr gut, obschon die Familie von Rückschlägen und frühen Todesfällen nicht verschont blieb. So führte z.B. Anna Haegler-Plattner als Vertreterin der 4. Generation den Betrieb von 1899 bis 1918, nachdem ihr Mann Christoph August Haegler mit 44 Jahren verstarb.
Das Marktgebiet der Haegler AG lag in dieser Zeit im Baselbiet, in der Stadt Basel, aber auch im Mittelland. 16 Pferde standen damals im Stall, über den „Holzeberg“ bei Ziefen fuhr man 8-spännig, wie August Haegler-Hofer anlässlich seines 100. Geburtstages im Jahr 1983 zu berichten wusste. Zur Mühle gehörte auch ein Landwirtschaftbetrieb (heute das Atelier der Stiftung Basel-Olsberg – Räbhof).
Bis ins Jahr 1973 behauptete sich die Haegler AG im Markt gegen die Konkurrenz aus der Nähe (Stadtmühle Liestal!), der Stadt Basel (Aktienmühle, Wehrli-Mechel) und aus dem Mittelland (z.B. Aargauische Mühlen AG).
Hans Ulrich Lüthi-Haegler entschloss sich im Jahre 1973, sich als Partner den aargauischen Mühlen anzuschliessen. Aus diesem Zusammenschluss entstand die heute noch als Bäcker-Marke bestens bekannte intermill AG.
Nach der Fusion der intermill-Mühlen Frey (Schöftland), Wächter (Brittnau) und Haegler (Lausen) wurde der Betrieb in Lausen 1996 stillgelegt. Dies vor allem aus zwei Gründen: Die Haegler-Mühle befindet sich mitten im Wohngebiet (potentielle Lärmprobleme), zudem liegt die Mühle zwar am Bach bzw. Kanal, jedoch nicht direkt an der Bahn, was ein erheblicher Standort-Nachteil war.
In den Jahren 2000-2001 entstanden im ehemaligen Produktionsgebäude schöne Loftwohnungen, die im Areal „Mühli-Park“ in Lausen an die industrielle Vergangenheit erinnern.
Das ehemalige Wohn- und Mühlegebäude mit Ökonomie ist ein wertvoller historischer Zeuge der mehrhundertjährigen Mühletradition im Unterdorf von Lausen. Das im 18. Jahrhundert neu erbaute Gebäude ist in seiner Substanz bis heute erhalten, ebenso die sehr wertvolle Ausstattung des 19. Jahrhunderts. Als bedeutender Zeuge der Wirtschafts- und Baugeschichte und der Wohnkultur wird das ehemalige Wohn- und Mühlegebäude mit Ökonomie in das Inventar der geschützten Kulturdenkmäler aufgenommen. In diesem Gebäude befindet sich nach wie vor der allseits geschätzte Mehlladen.
Reminiszenzen aus früheren Jahren
In einem Vortrag „das Bäckergewerbe in Lietal in den letzten 70 Jahren“ hat Hans Ulrich Lüthi-Haegler, als Vertreter der 7. Geschäftsleitungsmitglied von 1954 bis 1979 folgende Schilderungen aus früheren Jahren verfasst:
„Die Mühle Haegler hatte von jeher einen regen Verkehr mit den Bäckermeistern in Liestal… Die Kundschaft wurde von der Mühle bis 1918 ausschliesslich und bis 1960 noch teilweise mit Pferdefuhrwerken bedient. 1918 kauften die Herren Paul und August Haegler den ersten Lastwagen. August Haegler erzählt: „Eine Fahrt mit 50 Säcken Mehl von Lausen nach Läufelfingen im Pferdegespann dauerte von morgens sechs Uhr bis abends fünf Uhr. Der Vertreter der Lastwagenfirma behauptete, er sei punkt zehn Uhr zurück, wenn er um acht Uhr fahre. Wir glaubten ihm nicht – aber es war so! So konnten wir unseren Pferdebestand von 16-18 Pferden sofort gewaltig reduzieren (eine Fuhre ins Laufental über Bretzwil – Breitenbach brauchte acht Pferde).
Ein interessantes Detail betreffend die Mehl-Säcke:
Viele Bäckermeister besassen ihre eigenen, mit ihrem Siegel versehenen 100 kg Mehlsäcke. Nach und nach gehörten dann die (immer noch 100 kg) Säcke der Mühle. Um die Arbeit weniger streng zu gestalten wurden in den zwanziger Jahren dann die 50 kg Jute – Säcke eingeführt. Wobei auch hier bekannt ist, dass gewisse Bäckermeister eisern an den 100 kg Säcken festhielten, als alle andern schon „die leichten“ vorzogen. Papiersäcke, wie sie heute zu 95 % verwendet werden, tauchen erstmals um 1931 auf. Für die Zukunft wird wohl schon bald der Lose-Transport mit Silo-Anlagen in der Bäckerei eine gewisse Rolle spielen.
Ein Vertreterstab wie die Mühlen ihn heute unterhalten gab es nicht. Den Hauptkontakt hatte die Mühle mit ihrem Kunden durch den Fuhrmann. Der Fuhrmann brachte meistens das Bargeld für die Lieferung und die neue Bestellung mit nach Hause.
Die Fuhrleute von anno dazumal kannten noch keine Promille-Vorschriften. Es kam oft vor, dass der Bäcker dem Fuhrmann auf den Bock half (so gegen Abend) dem Leitpferd einen Klaps gab und dem Gefährt gute Heimkehr wünschte. Der Schlaf des Fuhrmanns behinderte die gute Heimreise nicht. Die Pferde wussten, wo sie zuhause waren.
Immer lustig ging’s zu in der Mühle, wenn der Herr Bäckermeister nach Lausen kam, um persönlich zu bezahlen. Mit einer umgehängten, manchmal ordentlich schweren Geldtasche beladen, kam der Meister hungrig und durstig an und wurde denn auch entsprechend reguliert. Bezahlt wurde zum grössten Teil in Gold wobei es dem Bäckermeister nicht übel genommen wurde, wenn er bis zur Hälfte des Betrages in französischen oder deutschen Goldmünzen bezahlte.
Aus diesen kurzen Reminiszenzen geht deutlich hervor, wie sich die Struktur des Bäckergewerbes rasch geändert hat. Vom beschaulichen, fast romantischen Kleinbetrieb, haben sich die Betriebe in straff geführte handwerklich-kaufmännische Familienunternehmen verwandelt. Sehr viele und beachtliche Mittel wurden und werden von den Meistern investiert, um mit den modernsten Produktionsmitteln ihren Kunden durch Qualität dienen zu können.
Wir in der Mühle versuchen unsererseits, unseren Kunden zu dienen, um ihnen ihre schwere Aufgabe möglichst zu erleichtern. Die Beziehungen zu unseren Kunden sind wohl hauptsächlich rein geschäftlicher Art. Aber immer bleibt der Mensch – und wie sich durch die Geschichte die Geschäfte erhalten und behaupten – immer kommt es auf die Menschen an, die dahinter stehen. Menschen des achtzehnten, des neunzehnten und des zwanzigsten Jahrhunderts. Sie leben, denken, fühlen immer als Menschen mit ihren individuellen Werten.
Möge es immer so bleiben.